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Ich begann, mich laut zu fragen, was einmal aus einem Menschen werden solle, der einen Quadratmeter Kuchen auf eine Untertasse stapelt, ohne auch nur einen Augenblick daran zu zweifeln, dass sie groß genug sein könnte.

R.Kunze

Heute beschäftigen wir uns mit der ersten von drei Einheiten zum Thema Eltern sein ist schwer. Immer schon haben sich Eltern Gedanken darüber gemacht, was auch dem Sprössling einmal werden solle. Heute scheint es nicht anders zu sein, obwohl den Kindern ein Buffet an Möglichkeiten offen steht. Als Eltern wünscht man sich ja, dass die Kinder ihre Stärken herausfinden und dann einen beruflichen Weg finden mögen, um ihre Stärken und Interessen auch zu leben. Dabei passiert es aber oft, dass wir als Eltern unsere Wünsche, Ideale und Hoffnungen auf das Kind projizieren. Wie das dann ausgehen kann, davon handelt der Textauszug von Reiner Kunze.

Mach dir wie immer unterwegs Notizen zu deinen Gedanken und Gefühlen und markiere Wörter oder Sätze, die dir besonders auffallen …

Denkanstöße

Was geht dir jetzt durch den Kopf, nachdem du den Auszug gelesen hast? Gut, die Geschichte ist schon eine Weile her, aber trotzdem könnte sie sich so ähnlich auch heute noch abspielen. Ein Vater mit mehr oder weniger Kontrollwahn (er überwacht das Händewaschen bei einem zehnjährigen Jungen) trägt seinem Sohn eine einfache Aufgabe auf, die dieser nicht so löst, wie er es sich vorgestellt hat bzw. wie „man es machen sollte“. Da drängen sich doch schon ein paar Fragen auf – oder möchtest du vorher den Text noch einmal laut lesen?

Ja, der Vater ist wahrscheinlich nervös, weil seine Freunde kommen und er diesen supertollen Kuchen perfekt inszenieren möchte. Das kann man nachvollziehen. Aber, egal was letztlich der Grund ist: Warum kann er in der Situation nur so reagieren? Warum schreit er und spart nicht mit Stimme? Warum wertet er seinen Sohn ab und bezeichnet ihn indirekt als dumm: Ich begann, mich laut zu fragen, was einmal aus einem Menschen werden solle, der einen Quadratmeter Kuchen auf eine Untertasse stapelt, ohne auch nur einen Augenblick daran zu zweifeln, dass sie groß genug sein könnte.

Schrie da vielleicht sein eigener Vater in seinem inneren Ohr und wertete ihn ab? Was denkst du? Geht es hier gar nicht um den Sohn, sondern um ihn selbst? Und was würde der Vater brauchen, was müsste er tun, um anders reagieren zu können?

Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt in dieser Geschichte, der es wert ist, dass man darüber nachdenkt. Wie reagiert der Junge und welchen Schluss zieht der Vater aus dem Vorfall? Der Junge reagiert logisch, oder? Er findet alle Berufsvorschläge gut, außer den Beruf des Vaters. Denn so werden wie der Vater – Nein Danke! Kommt dir das irgendwie bekannt vor? Der Vater andererseits reflektiert überhaupt nicht sein eigenes Verhalten, er findet nicht, dass er darüber nachdenken sollte, sondern für ihn ist nur ein Gedanke wichtig:

Seitdem bedenke ich, wer bei uns zu Gast ist, bevor ich eines meiner Kinder kritisiere.

Wie denkst du über diese Reaktion? Sie erinnert ein bisschen an Adam und Eva, die sich gegenseitig die Schuld zuschieben, als Gott sie fragt, was er/ sie getan habe: Nein! Ich bin nicht schuld! Die Eva/ Der Adam wars, er hat auf die Schlange gehört. Der Vater ist nicht bereit, die Verantwortung für den Vorfall zu übernehmen, sondern schiebt die Schuld auf den Freund, der die bittere Wahrheit sagte. Ja, die bittere Wahrheit wollen wir nicht hören, oder? Das tut weh. Aber das würde uns auch weiter bringen. Zeit für ein Gedicht.

Interludium: Gute Erziehung

Wie fühlst du dich beim Lesen des Gedichts? Es ist ein bisschen beklemmend, nicht? Auch wenn wir im 21. Jahrhundert leben und auch wenn die Kinder heute (vermeintlich) viel freier, ungezwungener aufwachsen und (vermeintlich) tun dürfen, was sie möchten: Irgendwo tief drinnen in uns schlägt das Gedicht vielleicht doch eine Saite an? Eine Saite, von der wir dachten, sie würde nicht existieren oder zumindest gut verschüttet oder möglicherweise sogar schon bewusst bearbeitet sein? Und doch…

Möchtest du das Gedicht noch einmal laut durchlesen? Vielleicht kommen dir noch ein paar Gedanken und Gefühle…Schau, was dir auffällt.

Denkanstöße

Versuchen wir heute nicht mehr, die Kinder so der Gesellschaft zu präsentieren, dass sie hinein passen, dazu gehören, nicht auffallen? Quecksilbrig bedeutet heute ADHS und ist damit heute sogar ein krankheitswertiger Zustand und die übermütigen Gedanken – Mmh: Sind die heute wirklich erwünscht?

Und wie ist es mit den Schranken? Brauchen Kinder keine Schranken? Heutzutage sind hat das Wort Schranke bzw. Grenze einen negativen Beigeschmack. Heute wissen wir: Alles ist mit allem verbunden, also gibt es eigentlich keine Grenzen und das Ego muss sowieso beseitigt werden, weil es eine Grenze zum anderen aufbaut (-; Aber kann eine Gesellschaft ohne Schranken funktionieren? Sind Schranken per se etwas Schlechtes? Oder muss ich als Mensch vielleicht zuerst einmal meine Grenzen kennen lernen, bevor ich sie überschreiten kann? Wie sieht es in der heutigen Erziehung damit aus?…

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Kategorien: Literatur